Im kunsttherapeutischen Prozess wird der Klient dazu ermuntert, etwas, was ihn beschäftigt oder bewegt, zu malen oder als Collage oder Plastik zu gestalten. Dabei handelt es sich häufig um ein persönliches Leiden oder Problem, das ihn belastet. Die Kunsttherapeutin bestärkt ihn darin, das innere Bild, das er zu diesem Zustand wahrnimmt, gestalterisch auszudrücken. Der Impuls zum Thema kann vom Klienten selbst kommen oder von der Kunsttherapeutin, die eine Bildaufgabe vorschlägt.
Das entstandene Werk (Bild, Collage, Plastik u.a.) zeigt sich als Selbstausdruck seines Schöpfers und wirkt wie ein Spiegel seines inneren Selbst. Es wird zum Ausgangspunkt für einen Prozess, in dem die Kunsttherapeutin den Klienten in einer gemeinsamen Reflexion dabei unterstützt, in einen Dialog mit seinem kreativen Werk zu treten – durch Fragen wie zum Beispiel: Welche Gefühle löst das Bild in dir aus? Welche Probleme siehst du im Bild? Welche Potenziale? Was erkennst du in deinem Bild, was du aus deinem Leben kennst? Wie wirkt dein Bild auf dich? Was möchtest du im Bild verändern? Und was entdeckst du im Bild, was du in deinem Leben verwirklichen möchtest?
Mit Hilfe seines Bildes gelangt der Klient so zu Erkenntnissen, die seine gesamte Gefühls-, Gedanken- und Einstellungswelt betreffen. Indem er dazu angeleitet wird, sich bildnerisch gestaltend mit seinen Problemen und Bedürfnissen, aber auch mit seinen Fähigkeiten und seinem inneren Reichtum auseinanderzusetzen, wird er sich seiner selbst bewusst. Manchmal werden seine Bedürfnisse und Wünsche überhaupt erst spürbar. Der Klient entdeckt in sich verborgene Potenziale und nimmt Hindernisse klarer wahr. Mithilfe ziel- und veränderungsorientierter kunsttherapeutischer Interventionen macht der Klient sich neue Optionen verfügbar. Seine Einstellungen und Handlungen kann er in seinem Lebensalltag entsprechend ausrichten.
Kunsttherapeutische Interventionen wirken sich aus auf Ich-Funktionen wie: Selbst- und Realitätswahrnehmung, Selbstvertrauen und Autonomie, Selbstausdruck und Selbstverwirklichung, Entscheidungs- und Handlungskompetenzen, Frustrationstoleranz, Affektsteuerung, Kommunikation und Konfliktfähigkeit, soziale Kompetenzen u.v.m.
In der Traumaverarbeitung leistet Kunsttherapie einen wichtigen Beitrag.
Entscheidend für die Wirksamkeit von Kunsttherapie ist, dass Erkenntnisse und Lösungsansätze nicht fremdbestimmt an den Klienten herangetragen werden, sondern seinem innersten Selbst entspringen und – vermittelt durch das von ihm selbst gestaltete Bild – für ihn sinnlich erfahrbar werden.